2019-02-02: Megalodontencanyon

Aus Höhlenverein Hallstatt-Obertraun
Wechseln zu: Navigation, Suche

Termin

2. Februar 2019 bis 10. Februar 2019

Ziel:

Betauchung des Megalodontencanyonsiphons

Geplanter Ablauf

Eine Vortour (2.2.-4.2.19) zum Materialvortransport und Verlagerung der benötigten Ausrüstung (v.a. Blei) von der Sahara zum Eingang Megalodontencanyon.

Eine Haupttour (7.2.-10.2.19) mit Betauchung des Megalodontencanyons am 2. oder 3. Tag


Organisation

Wetti Wielander, Peter Hübner


Teilnehmer

2.-4.2. (Vortour): Peter Hübner, Ralf Sattra, Tobi Fellinger, Leo Pichler, Rebecca Lawson, Alexej Kopchinskiy

7.-10.2. (Haupttour): Rebecca Lawson, Peter Hübner, Leo Pichler, Amelie Schönenwald, Felix Rosebrock, Jakub Cib, Tanino, Camille, Johannes Wallner, Paul Karoshi, Alex Wendel, Corin Donne


Bericht

Bei einem erfolgreichen Tauchgang am Ende des Megalodontencanyons im Westen der Hirlatzhöhle konnten Anfang Februar 50 m Ganglänge tauchender Weise der Hirlatzhöhle hinzugefügt werden ohne dass jedoch ein Ende der Tauchstrecke einsehbar gewesen wäre. Dazu bedurfte es ein halbes Jahr Vorbereitung und der Hilfe von 20 Personen, denen hier aufs herzlichste gedankt sei. Jetzt kann man natürlich sagen, dass 50 m Neuland für ein halbes Jahr Organisation nicht unbedingt eine berauschende Ausbeute ist, aber wie heißt’s so schön: „Mühsam ernährt sich das Eichhörnchen…“ Und wer weiß, vielleicht haben wir hier den Grundstein für einen zukünftigen Zusammenschluss der Hirlatzhöhle mit dem Waldbachursprung gelegt? Noch fehlen etwa 140 Höhenmeter und 1 km Luftlinie, d.h. es gibt für künftige Tauch- und Forschungstouren noch genug zu tun. Eine von Peter Hübner und Ulrich Meyer 2005 durchgeführte Engstellenerweiterung im Waldbachursprung und kurz darauf von Anke Oertl durchgeführte Tauchtour zeigte jedenfalls, dass es auch am unteren Ende der zumindest theoretisch denkbaren Verbindungstrecke noch schönes Neulandpotential gäbe. Leider kann man dort nur bei außergewöhnlichen Wetterverhältnissen (lange anhaltende Kälte deutlich unter 0°C) tauchen, da sonst die nur ohne Tauchausrüstung und Bleigurt passierbare Engstelle am Siphonanfang unter Wasser steht.


Vortour, 2.2.-4.2.: Sa, 2.2.: Unproblematischer Anmarsch zur Höhle durch mäßig viel festen Schnee. Dann allerdings dauert es 1 1/2 Stunden, den Höhleneingang auszugraben ̶ Peter und Alex arbeiten sich wie die Wühlmäuse 5 m durch eine senkrechte Schneewand, hinter der die Leiter rauf zum Eingang verborgen ist, währenddessen der Rest der Gruppe am anderen Ende der Traverse wartet. Links und rechts pfeifen gelegentlich Eisbrocken und mannshohe Schneebälle vorbei, jenseits des Tales stürzt bedingt durch das Tauwetter mit lautem Krachen der gefrorene Wasserfall in sich zusammen und alle sind froh, als sie endlich die heimelige Höhle betreten können. Im Zubringer ist erwartungsgemäß viel Eis anzutreffen, auch der gatschige Schluf hinter der Karl-Pilz-Halle ist angenehmerweise gefroren. Beladen mit Tauchflaschen und sonstigem Gepäck ist der Anmarsch ins Grünkogelbiwak ein bissl mühsam, bereits auf dem Weg zur Sprengstelle zeigen sich bei manchen Expeditionsteilnehmern erste Ausfallserscheinungen.

Weiter zur HdS, jetzt geht's ja gottseidank bergab. Dann die Wegfindung durch den Wilden Westen ̶ auch nicht ganz so ohne, muss doch ein einigermaßen geschickter Weg um, unter und über die zahlreichen Felsbrocken gefunden werden. Aber gottseidank haben wir mit Ralf ein verlässliches Navi mit dabei. Schließlich erreichen wir nach acht Stunden das Grünkogelbiwak. Die Pfützen zur Wasserversorgung am Biwak sind wie immer nicht ausreichend zur Versorgung all der Expeditionsteilnehmer für insgesamt 7 Tage, so dass wir bei unseren Touren auch Wasser aus dem Megalodontencanyon und dem Grünkogelsiphon nutzen.


So, 3.2.: Zuerst in die Sahara. Abstecher zum Grünkogelsiphon, in dem noch zwei Tauchflaschen liegen sollten. Diese sind aber nicht mehr auffindbar. Sie sind wohl mittlerweile so weit in den Siphon hinein gespült worden, dass sie nicht mehr zu sehen sind. Im Saharabiwak finden wir dann jede Menge (alter) Tauchflaschen, drei davon nehmen wir mit, ebenso 12 Kilo Blei. Dann noch ein Abstecher zur Oase. Weiter geht's Richtung Megalodontencanyon. Tobi und Ralf gehen in der Zwischenzeit zurück zum Biwak und holen am Weg gleich wieder ein paar Liter Wasser. Im Megalodontencanyon geht's ein bissl mühsam voran ̶ da wollen wir auf der Nachfolgetour mit dem Tauchzeugs durch? Na ich weiß nicht recht. Kletterstellen, enger Canyon, überall diese Unmengen an scharfkantigen Megalodonten. Zwischendurch Planstudium, weil wir uns nicht mehr sicher sind, wo's weiter geht. Nächste Kletterstelle, die wir mit einem Seil versichern. Irgendwann einmal erreichen wir doch noch den Siphon, wo wir unser Blei deponieren. Glasklares, grünes Wasser, leider sehen wir nicht ganz um die Ecke. Alex traut sich als einziger, ein bisschen weiter vor zu spreizen und macht für den Rest der Gruppe ein Foto. Am Rückweg schaffen wir es tatsächlich, einmal im Kreis zu gehen (sind wir nicht vor 10 Minuten schon bei dem Wasserfall vorbei gekommen?), also zurück und den anderen Weg aus der kleinen Halle probieren. Diesmal passt es.


Mo, 4.2.: Biwak zusammengeräumt, vier alte Tauchflaschen (die drei aus der Sahara und eine der drei Flaschen von Thomas Silber aus dem Grünkogelbiwak) eingepackt, und ab geht's nach Hause. Der Rückweg dauert nur sechs Stunden, wahrscheinlich sind wir deshalb so flott, weil uns schon das Bier beim Höllwirten lockt. Das Eis im Eingangsbereich ist noch mehr geworden. Dann das Highlight der Tour: Die Rodelpartie auf den Schleifsäcken runter vom Höhleneingang. Leo schlägt Saltos und verstreut dabei Ausrüstungsteile über den Hang, Rebecca kreischt (vor Freude?) und Peter schaut bald aus wie ein Schneemann, als er die unkontrolliert hinunter kugelnden Expeditionsteilnehmer am unteren Ende des Hanges zu stoppen versucht.


Tauchtour, 7.2.-10.2. Do, 7.2.: Die zwei Tage Pause haben gutgetan. Sonne tanken beim Spazierengehen am Ufer des Hallstättersees, Wärme tanken in der Bad Ischler Therme, Bier und gutes Essen tanken in der Pizzeria, und dann mit viel neuer Energie ab in die Höhle. Ein paar Expeditionsteilnehmer sind schon abgereist, ein paar neue sind hinzugekommen, sodass eine dreizehnköpfige Gruppe am Donnerstagmorgen frisch und fröhlich zu neuen Taten aufbrechen kann. Obwohl es mit der großen Gruppe in der Höhle deutlich langsamer voran geht, erreichen wir das Grünkogelbiwak ohne nennenswerte Verzögerungen nach acht Stunden Gehzeit. Nachdem mit Wettis Messbrett und einem kleinen Spaten neue ebene Liegeflächen gegraben werden, was im sandigen Lehm sehr rasch und gut geht, verteilt sich die Gruppe großflächig im Biwak und schon bald tönt aus allen Ecken das heimelige Summen und Brummen der Gas- und Benzinkocher. Während die einen essenstechnisch eher praktisch-spartanisch unterwegs sind (Instant-Fritattensuppe…), kochen die anderen mehrgängige Menüs aus getrockneten Tomaten und anderen Delikatessen und es dauert nicht lange, bis Paul am Tablett einen „Gruß aus der Küche“ durchs Biwak trägt.


Fr, 8.2.: Wie erwartet ist es logistisch nicht ganz so einfach, eine derart große Gruppe durch den engen, winkeligen Megalodontencanyon zu manövrieren. Alle schultern brav das ihnen zugeteilte Tauchgepäck, jedoch ist das Bewältigen der diversen Kletter- und Engstellen mit den relativ schweren Schleifsäcken nicht ganz so ohne, sodass es schnell passieren kann, dass die Kette an Höhlenforschern abreißt und sich der Vordermann fragen muss, wodenn schon wieder sein Hintermann geblieben ist. Schließlich und endlich sind aber doch alle gut am Siphon angelangt. Peter und Wetti machen sich tauchfertig, geduldig und gut unterstützt vom Tauchsupportteam, welches ihnen Gegenstand um Gegenstand reicht. Alles nicht so einfach – ebene, trockene Plätze in geeigneter Größe sind hier rar. Auch ist der Canyon hier derart scharfkantig, dass man beim Bewegen im Trockentauchanzug größte Vorsicht walten lassen muss. Dann ein letzter Ausrüstungscheck. Wettis Finimeter bläst ab. Also Werkzeug hervorgekramt und nach ein bisschen fluchendem Herumgeschraube ist das Leck auf ein vertretbares Minimum reduziert. Abtauchen ins grünblaue, glasklare Wasser. Nach nur rund 4 m Tauchstrecke erreichen Wetti und Peter eine rund 5 m lange und 6 m hohe Luftglocke, in welcher bis auf einen Deckenkolk keine trockene Fortsetzung erkennbar ist. Eine spätere Auswertung des Tauchgangprofils zeigte, dass die Wasseroberfläche in der Luftglocke um 1 m niedriger steht als an der Abtauchstelle, dass also in der Kammer ein Überdruck von 0,1 bar herrschen muss. Ein ähnliches Phänomen ist auch aus dem Nordsiphon der Hirlatzhöhle bekannt, dort beträgt die Höhendifferenz allerdings ganze 3 m. Die Kammer ist ja ganz nett, aber sollte das alles gewesen sein? Nein, am Boden führt ein wassergefüllter Schacht weiter. Also wieder abtauchen. In rund 10 m Tiefe setzt ein rund 2 m breiter und 4 m hoher Gang an, welcher nach einem markanten Knick nach Westen zieht. Traumhafte Tauchbedingungen – wie meistens in der Hirlatzhöhle. Herrliche Sicht, der Gang ist angenehm dimensioniert und zieht in gemütlicher Tiefe einfach ins Blaue. Bald haben die beiden Taucher in rund 12 m Tiefe den tiefsten Punkt erreicht, der Gang steigt nun wieder leicht an. Nach rund 35 m Tauchstrecke jedoch erreichen die beiden in 8 m Tiefe den Punkt, an dem sie ein Viertel ihres Gasvorrates verbraucht haben – es ist nun leider Zeit, umzudrehen, auch wenn der nun steil nach oben führende Gang nur bis zu einer Tiefe von 5 m einsehbar ist und somit nicht mit Sicherheit gesagt werden kann, ob jenseits der wassergefüllten Passage wieder aufgetaucht werden könnte. Der Retourweg dauert ebenso lang wie der Hinweg, jetzt muss das Ganze mittels Kompass, Tiefenmesser und an der Leine angebrachten Längenmarken schließlich vermessen werden, was gar nicht so einfach ist. Nach etwa einer Dreiviertelstunde sind die Taucher wieder zurück beim Rest der Gruppe, die Tauchsachen werden verstaut und es geht zurück zum Biwak.


Sa, 9.2.: Damit unser Supportteam auch etwas von der Tour hat, geht es heute zum Sightseeing. Zuerst in die Sahara, welche erwartungsgemäß unsere Gäste in Verzücken versetzt. Dort treffen wir dann auch Christine, Peter Kollersberger, Gottfried, Christian, Andreas und Thomas an, welche beim Raustransport des Tauchgepäcks helfen wollen. Da ein Teil unserer Gruppe noch überschüssige Energien hat, suchen wir am Nachmittag noch die etwas versteckt gelegene und daher umso spektakulärere Orgelhalle auf und erweisen auch dem Dachsteinkönig, dem größten Stalagmiten der Hirlatzhöhle, unsere Ehre. Und zum Drüberstreuen findet Peter dann noch ein bisschen Neuland, als er sich mit Rebecca und Corin zwei Siphone unterhalb des Biwaks anschauen will, von denen der kleinere offensichtlich ausgelaufen ist, wie ein Kartenstudium daheim ergibt.


So, 10.2.: Jede schöne Tour geht einmal zu Ende und wir müssen nun die Höhle wieder verlassen. Aber keine Sorge: Wir kommen wieder! Resümee der Tour: Ja, es ist möglich, in der Hirlatzhöhle noch Neuland zu ertauchen. Tauchtechnisch ist die Erforschung des Megalodontensiphons nicht wirklich anspruchsvoll, der logistische Aufwand ist jedoch nicht ohne. Die verwendeten 2 x 5l- Flaschen (240 bar) bzw. 2 x 4 l (280bar) waren für eine erste Erkundung eine gute Wahl, bei einer eventuellen Folgetour würde die Verfasserin eher zu 2 x 7 l tendieren. Ohne unsere Gruppe an motivierten Helfern wäre eine Tour in dieser Art jedenfalls nicht möglich gewesen, daher nochmals großen Dank an alle, die diese Tour ermöglich haben!